St Agnes, Berlin
GESCHICHTE
Kirche und Gemeindezentrum St. Agnes wurden in der späten Nachkriegszeit von 1964-67 errichtet. Zuvor hatte die Gemeinde im zweiten Weltkrieg ihr ehemaliges Gottesdiensthaus durch Bombardierungen verloren. Im Zuge der Errichtung neuer Wohnanlagen im Bezirk Kreuzberg sollte St. Agnes neben der Gottendienstfunktion auch als gesellschaftlicher Treffpunkt der neuen Siedlung dienen.
Architekt Werner Düttmann gilt als maßgeblich für Städtebau und Architektur der Nachkriegsmoderne in Berlin. Während der Bauzeit war er ebenfalls Senatsbaudirektor der Stadt.
Durch Restrukturierungsmaßnahmen im Bistum Berlin wurde die Kirche ab Anfang der 2000er Jahre nicht mehr genutzt. Nach temporärer Nutzung als Citykirche sowie Zeiten des Leerstandes erwarben Galerist Johann König und seine Frau Lena König das Ensemble 2012. Nun beherbergt das Kirchengebäude seit dem Umbau die Königgalerie, welche verschiedenste nationale und internationale Künstler vertritt.
ARCHITEKTUR
St. Agnes ist ein typisches Beispiel brutalistischer Architektur aus den 60er Jahren. Das gesamte Ensemble aus Kirche und Nebengebäuden besteht aus kubischen Baukörpern, die auf- und nebeneinander angeordnet sind. Klare Kanten und der konsequente Verzicht auf jegliche Ornamentik dominieren die Aussenwirkung. Die Fassade besteht aus grobem Spritzbeton, lediglich die als Quader ausformulierte Spitze des circa 20m hohen Kirchturms setzt sich durch seine weiße Farbigkeit ab.
Statisch handelt es sich bei St. Agnes um einen Beton-Skelett-Bau, welcher mit Trümmerziegel aus der Umgebung ausgefacht wurde.
Die Konzeption der Kirche orientiert sich an der klassischen Basilika mit hohem Hauptschiff und zwei gedrungenen Seitenschiffen. Über vertikale und horizontale Lichtbänder wird der Innenraum gezielt belichtet. Es entsteht ein Raum, der den Besucher vor dem Aussenraum abschirmt und einen Ort der Stille erzeugt. Trotz der dunklen Materialien im Innenraum, wie dem groben Spritzputz und den Ziegelsteinen, entsteht durch den gezielten Lichteinfall eine warme, weiche Atmosphäre.
UMNUTZUNG & UMBAU
Für die Nutzung des denkmalgeschützten Kirchengebäudes wurde das hohe Mittelschiff horizontal unterteilt. Durch den Einsatz eines ‚Beton-Tisches‘ wurde eine zweite Ebene auf Höhe der ehemaligen Orgelempore eingezogen. Es entsteht ein niedriges, gedrungenes Untergeschoss unterhalb, sowie ein großer, hoher, offener Raum oberhalb der neuen Ebene. Im oberen Bereich bleibt so das ursprüngliche Raumgefühl des Kirchenraumes erhalten, gleichzeitig bietet sich Platz für wechselnde, teils raumgreifende Ausstellungen. So haben unter anderem Künstler wie Elmgreen & Dragset, Refik Anadol oder Chiharu Shiota den Ort mit einzigartigen Werken bespielt. Aktuell werden teils interaktive Werke des dänischen Künstlers Tue Greenfort gezeigt, die sich mit der Ordnung der Natur auseinandersetzen.
Unter dem ‚Tisch‘ wird der Raum durch dessen dünne, im Bestandsraster eingesetzten Betonstützen zoniert. Flexibel lassen sich dazwischen Wandscheiben einsetzen, es entsteht Raum für die Präsentation von Kunstwerken. Zwischen dem eingesetzten Tisch und der Bestandswand wurde eine 4cm breite Fuge gelassen. So bleibt der bauliche Eingriff entsprechend der Denkmalvorgaben reversibel, zudem wird auch die optische Trennung zwischen Bestand und Einbau verstärkt. Die Materialität des neuen Einbaus orientiert sich durch den Einsatz von purem Beton an der Bestandsarchitektur. Die feine Verarbeitung als glatter Sichtbeton erzeugt jedoch gleichzeitig einen klaren Kontrast zur rauen Struktur des Bestandes.