Umbau Heilig Geist, Essen
Bei der ehemaligen katholischen Kirche Heilig Geist im nord-östlichen Essener Stadtviertel Katernberg, direkt neben dem Welterbe Zeche Zollverein, handelt es sich um ein herausragendes Beispiel für den Sakralbau der Nachkriegsmoderne. Der Entwurf stammt von Dominikus und Gottfried Böhm, die als Va-ter und Sohn den Bau gemeinsam geplant haben. Dominikus Böhm verstarb während den Bauarbeiten, so dass Gottfried das Gebäude als einen seiner ersten Bauaufgaben allein zu Ende führte. 
Seit der Eröffnung der ersten Ausstellung How I Learned to Love the A im April 2025 des renommierten Künstlers Robert Janitz wird das ehemalige Sakralgebäude als kreativer Ort für Kunst und Begegnung genutzt. Organisiert vom Kunstraum Heilig Geist finden regelmäßig wechselnde Kunstausstellungen zeit-genössischer Kunst statt, der Eintritt ist frei. Das Besondere des Konzeptes ist die Verbindung von namhaf-ten internationalen Kunstschaffenden mit lokalen Initiativen aus Essen und dem direkten Umfeld, die ab-wechselnd und teilweise auch gemeinsam den Kirchenraum bespielen. Zudem ist eine Kooperation mit der Stiftung Zollverein entstanden, um den Kunstraum Heilig Geist mit dem angrenzenden Welterbege-lände zu verbinden.
Dem Ursprungsgebäude liegt die Grundidee der Gemeinde als Nomadenvolk zu Grunde. Aus dieser ideologischen Basis hat sich die markant gewölbte Dachform des Mittelschiffes entwickelt, die an ein Zeltdach aus fallendem Stoff erinnert und prägend für die Außen- und Innenwirkung ist. 
Generell ist das Bauwerk durch eine klare geometrische Formensprache, den Verzicht auf Ornamentik und die Fokussierung auf Materialwahl und konstruktiv-ästhetischer Detailausbildung geprägt. Es ist eines der ersten Sakralgebäude der Nachkriegszeit, in dem konsequent Beton als konstruktives und raumprägendes Element eingesetzt wurde.
Auch im Inneren prägen bewusste liturgische Neuerung in Verbindung mit der klaren Form- und Materialsprache die Raumwirkung. Boden und Seitenwände bilden durch die Farbigkeit und Haptik des roten Ziegelsteins die Basis für den aufsteigenden Raum, der nach oben durch die gerasterte Verglasung, die sich klar an der damaligen umgebenden Industriebebauung orientiert, hell und offen wird. 
Die A-förmigen Betonträger bilden die Tragstruktur aus und trennen das hohe Mittelschiff von den niedrigen Seitenschiffen ab. Im hinteren Bereich des Mittelschiffes befindet sich die durch einige Stufen heruntergesetzte ehemalige Unterkirche. Diese wurde als Werktagskirche genutzt. Zudem befand sich hier die Orgel und auch der Chor wurde dort während der Gottesdienste platziert, sodass sich der Klang über die gewölbte Decke gleichmäßig im gesamten Kirchenraum verteilte. 
Der Altarbereich befand sich zentral im Mittelschiff, wodurch sich die Gemeinde halbkreisförmig um den Pastor gruppierte. 
Nach dem Pfarrei-internen Beschluss, das Kirchengebäude aufzugeben, stand das Gebäude seit 2020 leer. Es wurde nach einem Investor gesucht, der das denkmalgeschützte Gebäude übernehmen und für das Umfeld durch ein neues Nutzungskonzept wieder öffnen wollte. Schließlich fand sich ein Kunstunter-nehmer aus Berlin, der das Gebäude samt Gemeindehaus und Kindertagesstätte kaufte. Im Zuge dieses Transformationsprozesses fand im September 2024 auch die Ausstellung Kirchen als Vierte Orte vom Ver-ein Baukultur Nordrhein-Westfalen in der Heilig Geist Kirche statt. Sie ermöglichte es den ehemaligen Gemeindemitgliedern, Abschied des Gebäudes als Gotteshaus zu nehmen und gleichzeitig den Aufbruch in die neue Nutzung mitzuverfolgen. 
Nach kurzer Umbauzeit wurde das ehemalige Kirchengebäude im April 2025 als Kunstraum Heilig Geist nach fünfjähriger Schließung wieder geöffnet. 
Der Umbau nach Plänen der Architektin Claudia Dahm und des Innenarchitekten Felix Hemmers hat die ursprüngliche Raumstruktur größtenteils erhalten können. Gezielte, behutsame Eingriffe haben den Raum fast wie selbstverständlich weitergebaut. Die Ziegelwände wurden innenseitig mit einer reversiblen, weißen Schlämme belegt, um die Hängung von Kunst zu ermöglichen. Gleichzeitig bleibt so die beson-dere Haptik des Materials erfahrbar. Einbauten, wie die Orgelempore oder die Stehleuchten in der Un-terkirche, wurden zurückgebaut und die Flächen im Sinne der Ursprungsarchitektur und in enger Ab-stimmung mit dem Denkmalschutz beigearbeitet. Besonders prägend für den Innenraum war der Rück-bau der bunten Glasscheiben, die in den 1980er Jahren von der Gemeinde vor die klare Ursprungsver-glasung gesetzt wurden. Seit dem Rückbau erstrahlt der Raum wieder in seiner besonderen, ursprüngli-chen Helligkeit. Ein Beleuchtungskonzept mit Leuchtschienen der Fa. ERCO ermöglicht eine der neuen Funktion angepasste, flexible Raumausleuchtung und fügt sich durch die Geradlinigkeit sehr selbstver-ständlich in den bestehenden Kontext ein. In der ehemaligen Sakristei wurden die benötigten Sanitärräu-me sowie ein Büro eingebaut. 
Die Etablierung des Kunstraum Heilig Geist in der gleichnamigen ehemaligen Kirche im Essener Norden zeigt eindrücklich, wie leerstehende Kirchengebäude durch neue Nutzungskonzepte wieder zu Orten des Austausches im Quartier werden können. Der behutsame Umbau des Bestandsraumes erhält dessen besondere räumliche Qualitäten und ermöglicht die flexible Nutzung für unterschiedliche Kunstausstel-lungen. In Verbindung mit dem angrenzenden Welterbe Zeche Zollverein entsteht ein Raum, der zeitge-nössische Kunst mit lokalen Initiativen verbindet und den Ort für die Menschen der Umgebung wieder öffnet. 
Plastisch sichtbar wird dies in einer Skulptur des belgischen Künstlers Kris Martin, die aus dem Marmor des ehemaligen Altares hergestellt wurde und nun im Außenraum vor der Kirche ein sichtbares Zeichen der Verbindung von Geschichte und Zukunft erzeugt.  
Das neue Nutzungskonzept des Gebäudes setzt zudem ein Zeichen für den Erhalt baukultureller Werte und zeigt zudem, dass die Nutzung des Vorhandenen auch im Sinne der Nachhaltigkeit (Stichwort Graue Energie) zur wichtigsten aktuellen Bauaufgabe geworden ist.

Architektur: Gottfried Böhm
Umbau: Claudia Dahm & Felix Hemmers
Kunstwerke: Robert Janitz
Fotografie und Artikel: Felix Hemmers
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